1. Ein Verhalten, das den Straftatbestand des § 202 StGB (Verletzung des Briefgeheimnisses) erfüllt, kann eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB darstellen und zur (außerordentlichen) Kündigung berechtigen.

2. Das vorsätzliche, unbefugte Öffnen einer Compliance-Meldung durch den Betriebsratsvorsitzenden, dem faktisch die Leerung des „Compliance-Briefkastens“ und die Weiterleitung der Meldungen an die „Compliance-Officerin“ übertragen worden ist, verletzt § 241 Abs. 2 BGB und kann im Einzelfall eine außerordentliche Kündigung und damit auch die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

3. Das vorsätzliche, unbefugte Öffnen einer Compliance-Meldung durch den Betriebsratsvorsitzenden, dem faktisch die Leerung des „Compliance-Briefkastens“ und Weiterleitung der Meldungen an die „Compliance-Officerin“ übertragen worden ist, rechtfertigt jedoch nicht den Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat, da hierdurch keine gesetzlichen Pflichten i.S.d. § 23 Abs. 1 BetrVG verletzt werden.

ArbG Heilbronn vom 13.06.20257 BV 3/24